Von den Fans lange ersehnt und heiß erwartet, kommt sie nun endlich
auf den Ladentisch: Die erste Live-DVD nach den Live Audio-Alben "In
Exile" (1995) und "Live At Loreley" (1999), bei der die DVD den
kompletten Auftritt beim "Rockpalast/Crossroads"-Festival am
20.10.2007 in der Harmonie in Bonn, sowie als Bonus sieben weitere
Songs enthält, die bei der Show im K4 in Nürnberg vier Tage später
mitgeschnitten worden waren. Und als ob das noch nicht genug ist,
gibt es zwei verschiedene Versionen. Zum einen ein mehrfach
aufklappbares Drei-Disk-Package mit zwei Audio Live-CD's und einer
DVD, wobei sich die Audio-Tracks der beiden Shows dadurch
unterscheiden, dass für die Doppel-CD weit mehr Songs der
Nürnberg-Show verwendet wurden, als vom Rockpalast Auftritt.
Zum anderen erscheint noch eine DVD-only-Version in der typischen
Langform Verpackung.
Dadurch kommt man in den Genuss eines fast vollständigen Sets der "Over
The Border"-Tour. Im Klartext bedeutet das zwei Stunden straighte
Rockpower mit Einflüssen des texanischen Gitarrenrocks leichter
mexikanischer Prägung, sowie Riff- und Sangeskunstkultur im Stil von
Creedence Clearwater Revival, allerdings
in fetterer und rockigerer Art.
Wer schon bei Brandos-Konzerten war, der weiß, dass
soundtechnisch höchste Qualität geboten wird. Das ist auf der DVD
nicht anders. Die Kameraführung passt sich den Bewegungen der Band
nahtlos an. Schnelle, saubere Schnitte und eine Kamera, die
zeitgleich auf die Musiker zoomt, geben dem Zuschauer das Gefühl,
Live dabei zu sein. Das und nichts anderes soll eine DVD vermitteln,
was auch hier der Fall ist. Das Quartett um Frontröhre und
Leadgitarrist Dave Kincaid ist in glänzender Spiellaune. Die
Riffs sitzen wie eine Eins und die Refrains werden mehrstimmig und
mitreißend durch die Amps gejagt. Wenn man bedenkt, dass eigentlich
nur noch die Gründungsmitglieder Dave Kincaid und Basser
Ernie Mendillo mit von der Partie sind (die anderen Mitmusiker
waren in den letzten Jahren einem ziemlichen Wechsel unterzogen)
bringt es die aktuelle Besetzung fertig, ein perfektes, homogenes
Klangbild abzuliefern. Die Neuzugänge Ziga Stanonic an der
Gitarre und Patrick Fitzsimmons an den Fellen, lassen keine
Wünsche offen. Das Zusammenspiel bei den Klassikern "Gunfire At
Midnight" und "The Light Of Day" ist schlicht perfekt.
Primus inter Pares bleibt natürlich Dave Kincaid, der sich
mit seiner unvergleichlichen Stimme und erstklassigen Gitarrenläufen
durch die Highlights der Bandhistorie spielt.
Natürlich liegt der
Fokus, wie nicht anders zu erwarten, bei dem Material des aktuellen
Studioalbums
Over The Border, das bis auf ein paar Ausnahmen,
präsentiert wird. Hits wie "Gettysburg" und "The Light Of Day"
können mit ihren rauhen und scharfkantigen Gitarrensoli restlos
überzeugen. Derjenige, der von den Audio-Fassungen bereits
fasziniert war, ist von den Live-Versionen, die auch von der
Farbenpracht des Bildmaterials leben, komplett hingerissen.
Bekanntes wie "The Solution", "The Keeper" und die im irischen Stil
vorgetragene Folk-Ballade "Tell Her That I Love Her" und natürlich,
der vom Bassisten gesungene Rock'n'Roller "The Last Tambourine",
kommen mitreißend rüber, man merkt einfach, dass der Band die Arbeit
Spaß macht.
Die Brandos, die nach längerer Bühnenabstinenz in Deutschland
wieder mit ihrem aktuellen Longplayer und anschließender Tour, der
Erwartungshaltung ihrer Fanschar voll entsprochen haben, legen mit
dieser DVD ein Dokument ihres derzeitigen Leistungslevels ab. Rock
in diversen Schattierungen wird mit Volldampf und diffizilen
Gitarrenleads auf höchstem Niveau zelebriert. Perfekt, intensiv und
gleichzeitig tiefgehend mit ihren Lyrics, vermitteln sie einen
großartigen Überblick über ihre Schaffensjahre.
Ihr Markenzeichen besteht darin, dass sie originell klingen, allein
das ist heutzutage schon beinahe ein Novum. Positiv fällt auf, dass
die DVD nicht, wie bei anderen Kollegen, mit Füllmaterial wie
Interviews, Roadmovies, The Making Of u.ä. zugekleistert ist.
Hier bekommt der Konsument einen reellen Gegenwert für seine
Investition. Kraftvolle und mit fetziger Gitarrenmucke unterlegte
Rockmusik, die mit der Reibeisenstimme von David Kincaid
veredelt ist, vermittelt eine derartige Live-Atmosphäre, dass es den
Zuhörer aus dem Sessel katapultiert. Klarer und satter Stereo-Sound
und eine tadellos geschnittene DVD schießen über die Dauer von zwei
Stunden kontinuierlich Abrock-Granaten in das Wohnzimmer-Kino.
Dieses Box-Set muss der Fan einfach besitzen, und der Rest kann mit
einem Minimum an Restrisiko, einfach zugreifen und sich ein
Gesamtkunstwerk für gehobene Ansprüche antun.
10 RockTimes-Uhren
Review vom 14.03.2008
geschrieben von Jürgen B. Volkmar